Die Periodisierung im Krafttraining
Schon in der griechischen Antike wurden im Wettkampfsport Periodisierungen genutzt, um die besten Ergebnisse durch das Training zu erzielen und maximal leistungsfähig bei Wettkämpfen zu sein. Auch im Krafttraining profitiert man maßgeblich von einer Periodisierung. Mithilfe einer Periodisierung kann man die Leistungssteigerung maximieren und gleichzeitig Übertraining und Verletzungen vermeiden
In der Praxis ist es häufig so, dass das Krafttraining bei den meisten gleichermaßen 365 Tage im Jahr durchgeführt wird, wodurch sehr viel Potential auf der Strecke bleibt. In diesem Artikel wirst du das Wichtigste zum Thema Periodisierung erfahren und konkrete Handlungsschritte bekommen, sodass du dein Training periodisieren kannst und die besten Ergebnisse erzielst.
Inhaltsverzeichnis
Das Wichtigste in Kürze
- Mit einer Periodisierung kann man das Training systematisch planen und strukturieren, was zu einer Maximierung des Muskelaufbaus und der Leistungssteigerung führt.
- Die lineare und wellenförmige Periodisierung sind gleichermaßen effektiv für den Muskelaufbau und die Verbesserung der Maximalkraft.
- Bei der Periodisierung sollten immer Deloads geplant und durchgeführt werden. So garantierst du langfristig deinen Erfolg.
Was bedeutet Periodisierung im Krafttraining?
Unter einer Periodisierung versteht man die langfristige systematische Planung und Strukturierung von Trainingsvariablen (Intensität, Volumen, Häufigkeit und Erholung). Es gibt verschiedene Modelle, wie man eine Periodisierung gestalten kann. Mehr dazu an späterer Stelle. Das Ziel einer jeden Periodisierung ist folgende 4 Punkte zu erfüllen:
- Die Performance zu bestimmten Zeitpunkten (z.B. Wettkämpfen) zu maximieren
- Übertraining und Verletzungen zu verhindern
- Die Leistung langfristig kontinuierlich zu steigern
- Unter Berücksichtigung individueller Faktoren (Trainingsstatus, Alter, Zeit, Umweltfaktoren) das optimale langfristige Training zu gestalten
Eine Periodisierung ist unerlässlich, wenn man wirklich die besten Ergebnisse erzielen möchte.
Bestandteile eines jeden Periodisierungsmodells
Eine Trainingsperiodisierung ist die systematische Gestaltung von Training über einen längeren Zeitraum. Dieser Zeitraum lässt sich konkret unterteilen. Unabhängig vom Periodisierungsmodell setzt sich jede Periodisierung aus fünf zeitlichen Blöcken zusammen. Für jeden zeitlichen Abschnitt definiert man Ziele. Diese Ziele bauen aufeinander auf und ergeben am Ende das Hauptziel, worauf der ganze Jahreszyklus ausgerichtet ist.
Jahreszyklus
Der Jahreszyklus ist in der Praxis bei der Periodisierung im Krafttraining die größte Einheit und umfasst 12 Monate. Der Jahreszyklus umfasst alle Maßnahmen zur Realisierung des definierten Ziels. Für ein bessere Verständnis nehmen wir folgendes hypothetische Ziel:
Das Jahresziel ist es 16 kg Muskeln aufzubauen!
Makrozyklus
Der Makrozyklus ist die nächstgrößere Einheit nach dem Jahreszyklus und umfasst 3-6 Monate der Trainingsplanung. Bezogen auf das oben aufgeführte Beispiel wäre das Ziel bei einer Makrozykluslänge von 3 Monaten, dass man nach jedem Makrozyklus 4 kg Muskeln zulegt.
Mesozyklus
Ein Mesozyklus ist 4-6 Wochen lang. Mehrere Mesozyklen machen wiederum den Makrozyklus aus. Bei einer Mesozykluslänge von 6 Wochen, wäre hier das Ziel 2 kg Muskeln pro Mesozyklus zuzulegen.
Mikrozyklus
Ein Mikrozyklus umfasst 1 Woche der Trainingsplanung. Bei der Gestaltung eines Mikrozyklus geht es dann wirklich nur um die Übungswahl und Belastungsnormative für eine Woche. An dem gewählten Beispiel wäre das Ziel hier in jedem Mikrozyklus ca. 330g Muskulatur aufzubauen.
Trainingseinheit
Die kleinste Einheit bei einer Periodisierung im Krafttraining ist die einzelne Trainingseinheit.
Die Periodisierungsmodelle
Das erste systematische Periodisierungsmodell die „Traditionelle Periodisierung“ (lineare Periodisierung) wurde von Leev Matveyev, einem russischen Sportwissenschaftler, in den 1950er Jahren veröffentlicht. Dafür analysierte Matveyev die Trainingspläne der Top-Athleten bei den Olympischen Spielen 1952 und 1956 und leitete daraus das traditionelle Periodisierungsmodell ab.1
Dieses Modell wurde schon kurz darauf von vielen Athleten für die Vorbereitung der Olympischen Spiele 1960 genutzt und ist bis heute in der Trainingsplanung relevant. Aufgrund der stetig steigenden Anforderungen im Sport (z.B. mehr Wettkämpfe) und neuen sportwissenschaftlichen Erkenntnissen wurden in den darauffolgenden Jahren weitere Periodisierungsmodelle entwickelt. Im Folgenden sind die drei bekanntesten und am häufigsten in der Praxis genutzten Periodisierungen im Krafttraining und Sport aufgeführt.
Lineare Periodisierung
Die lineare Periodisierung ist das wohl bekannteste Modell. Hierbei wird das Training hauptsächlich durch die Variablen Intensität und Volumen gesteuert. Klassischerweise startet man mit einem hohen Volumen und einer niedrigen Intensität, wobei mit zunehmender Zeit dann die Intensität immer weiter steigt und das Volumen abnimmt.
Das Volumen beschreibt die Anzahl der Wiederholungen und Sätze. Die Intensität bezieht sich auf das Gewicht, welches man im Training bzw. den Übungen bewegt.
Wie in dem Schaubild dargestellt, nimmt im Verlauf der Trainingszeit die Intensität zu, wobei das Volumen abnimmt. Zum besseren Verständnis noch folgendes Beispiel:
Wenn wir zwei Trainingsprotokolle 3×3 und 10×10 vergleichen, ist das erste Protokoll 3 Sätze à 3 Wiederholungen ein Beispiel für ein hochintensives Training mit niedrigem Volumen. Das 10×10 Protokoll ist hingegen ein Beispiel für ein Training mit einer niedrigen Intensität und hohem Volumen.
Häufig kommt an dieser Stelle der Einwand, dass das 10×10 Trainingsprotokoll doch „intensiver“ sei als das 3×3 Protokoll. In dem Fall handelt es sich aber nicht um die Intensität, sondern um den Umfang. Das 10×10 Trainingsprotokoll ist umfangreicher aber nicht intensiver! Die Begrifflichkeiten sind wichtig für die Trainingsgestaltung, denn es macht einen Unterschied, ob man die Intensität oder den Umfang erhöht oder reduziert.
Wellenförmige Periodisierung
Bei der wellenförmige Periodisierung (auch „nicht-lineare Periodisierung“ genannt) ändert man ständig die Stimuli in den Trainingszyklen. Im Gegensatz zur linearen Periodisierung, bei der kontinuierlich die Intensität steigt und das Volumen abnimmt, variiert die Intensität und das Volumen bei der wellenförmigen Periodisierung stetig zwischen hoch und niedrig.
Diese Änderungen können von Trainingseinheit zu Trainingseinheit („Daily Undulating Periodization“ = DUP) oder wöchentlich („Weekly Undulating Periodization“ = WUP) durchgeführt werden. In folgendem Schaubild siehst du Beispiele wie das in der Praxis aussieht.
Blockperiodisierung
Das fundamentale Prinzip der Blockperiodisierung ist die gezielte und konzentrierte Ausbildung eines einzelnen bestimmten Bereichs in einem Block. Bei der Periodisierung im Krafttraining kann das bedeuten, dass man mit einem Mesozyklus startet in dem das Ziel die Hypertrophie ist, dann einen Mesozyklus mit dem Ziel der Maximalkraftverbesserung anhängt und im nächsten Mesozyklus dann die Power/ Schnellkraft trainiert. Das Gegenteil der Blockperiodisierung ist die traditionelle Periodisierung, in der man mehrere Fähigkeiten bzw. Kraftformen gleichzeitig trainiert.
Welche Periodisierung ist die beste im Krafttraining?
Mit genau dieser Frage hat sich eine australische Forschergruppe auseinandergesetzt. Unter Einbezug von 17 Studien wurde in der Metaanalyse untersucht, ob die lineare Periodisierung oder wellenförmige Periodisierung besser für die Verbesserung der Maximalkraft ist.2
12 der 17 Studien konnten keinen Unterschied zwischen den beiden Periodisierungsmodellen finden. Die Probanden verbesserten ihre Leistung gleichermaßen. 3 Studien zeigten bessere Ergebnisse zugunsten der wellenförmigen Periodisierung und 2 Studien zugunsten der linearen Periodisierung.
Genau dasselbe gilt auch für die Hypertrophie. Eine Metaanalyse von 2017 zeigte, dass die lineare und wellenförmige Periodisierung im selben Ausmaß das Muskelwachstum begünstigen.3 Der Vollständigkeit halber möchte ich trotz der relativ klaren Ergebnisse auf Limitationen aufmerksam machen. Eine Limitation ist, dass es keine Langzeitstudien (>6 Monate) gibt und man somit nicht klar sagen, ob eventuell nicht doch eine Methode langfristig besser ist als die andere. Des Weiteren gibt es kaum Studien zu dem Thema, die mit trainierten Athleten durchgeführt wurden.
Es bleibt festzuhalten, dass sowohl die lineare wie auch wellenförmige Periodisierung gleichermaßen effektiv für die Verbesserung der Maximalkraft und Hypertrophie ist. Das Wichtigste ist, dass man das Training abwechslungsreich gestaltet, damit immer wieder neue Reize für die Muskulatur gesetzt werden und es somit zu weiteren Anpassungen des Körpers kommt. Optimalerweise wechselt man in den Mesozyklen immer wieder mal zwischen dem linearen und wellenförmigen Modell.
Wie periodisiere ich mein Krafttraining?
Mit folgenden Schritten kannst du eine Periodisierung für dein Krafttraining erstellen und somit deinen Muskelaufbau und deine Leistung maximieren.
- Ziel definieren und es konkret messbar machen. (Es reicht zum Beispiel nicht einfach nur zu sagen: „Ich möchte Muskeln aufbauen.“ Werde hier konkret! Z.B. ich möchte 10 kg Muskeln aufbauen!)
- Zeitlichen Rahmen festlegen. (Möchtest du das Ziel in einem halben Jahr, ein Jahr etc. erreichen?)
- Anstehende Events und Termine berücksichtigen und im Plan notieren (z.B. Geburtstage, Urlaub, Weihnachten, Ramadan, Karneval usw.) An diesen Tagen wird man ggf. nicht trainieren können oder auch bewusst eine Pause machen wollen. Das ist völlig in Ordnung, muss aber bei der Planung berücksichtigt werden, sodass das Training optimal angepasst werden kann.
- Alltägliche Termine notieren (Studium, Arbeit, Schule, andere Freizeitaktivitäten etc.)
- Makrozyklen & Mesozyklen festlegen.
- Deloads einplanen!
- Trainingstage festlegen.
- Übungen auswählen.
- Reihenfolge der Übungen bestimmen.
- Mit dem Training starten!
Eine Periodisierung im Sport gestaltet man immer von hinten nach vorne.
Besonders wichtig ist, dass man Deload Wochen einplant. Ein Deload bedeutet, dass man in der letzten Woche des Mesozyklus (4.-6. Woche) entweder die Intensität oder den Umfang für eine Woche reduziert, oder sogar komplett eine Woche Pause macht. Eine kontinuierliche Steigerung ist nämlich nicht möglich. Nach einem Mesozyklus braucht der Körper Zeit, vor allem die passiven Strukturen (Sehnen, Bänder und Gelenke) und das Zentralnervensystem, um sich zu erholen oder ggf. an das Training anzupassen.
Es gibt 2 Möglichkeiten für einen aktiven Deload und die Möglichkeit eine Woche komplett eine Ruhephase einzulegen. Einmal kann man die Intensität im Deload reduzieren. Das macht man, indem man nur noch 50 Prozent der normalen Trainingsgewichte in einem Training bewegt. D.h. wenn du das Bankdrücken mit 100 kg / 3×10 durchgeführt hast, wirst du im Deload das Bankdrücken nur mit 50 kg / 3×10 absolvieren.
Die 2. Möglichkeit ist den Umfang um 50 Prozent zu reduzieren. D.h konkret, wenn du 4×10 Kniebeugen trainiert hast, absolvierst du in der Deload Woche nur 2×10 Kniebeugen. Das Gewicht ändert sich hierbei aber nicht zur vorherigen Woche. Deloads sind wirklich wichtig und nicht zu unterschätzen. Auch wenn du dich nach 4-6 Wochen Training nicht müde fühlst, solltest du eine Deload Woche durchführen. Langfristig vermeidest du zum einen viele Verletzungen und zum anderen wirst du stärker aus dem Deloads zurück kommen.
Einzelnachweis
- Issurin V. B. (2010). New horizons for the methodology and physiology of training periodization. Sports medicine (Auckland, N.Z.), 40(3), 189–206.
- Harries, Simon K.; Lubans, David R.; Callister, Robin (2015): Systematic review and meta-analysis of linear and undulating periodized resistance training programs on muscular strength. In: Journal of strength and conditioning research 29 (4), S. 1113–1125. DOI: 10.1519/jsc.0000000000000712.
- Grgic, J., Mikulic, P., Podnar, H., & Pedisic, Z. (2017). Effects of linear and daily undulating periodized resistance training programs on measures of muscle hypertrophy: a systematic review and meta-analysis. PeerJ, 5, e3695. https://doi.org/10.7717/peerj.3695