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Was ist Komplextraining?

Die Kraft und Schnelligkeit sind in sehr vielen Sportarten maßgeblich mitverantwortlich oder sogar entscheidend für den sportlichen Erfolg. Demzufolge ist klar, dass eine Steigerung der Kraft- und Schnelligkeitsleistung zu besseren sportlichen Ergebnissen führt.

Power (=Leistung) = Kraft x Geschwindigkeit

Durch eine Steigerung der Kraft und/ oder der Geschwindigkeit verbessert man seine Power!

Der klassische Weg für eine Verbesserung der Kraft und Schnelligkeit ist normales Krafttraining oder plyometrisches Training. Normales Krafttraining zur Steigerung der sportlichen Leistungsfähigkeit (Sprünge, Sprints, Schläge, Würfe, Richtungswechsel)  bietet vor allem krafttrainingsunerfahrene Personen einen Mehrwert. Krafttrainingserfahrene Sportler können ihre sportliche Leistung kaum bis gar nicht mit normalem Krafttraining verbessern.1 Plyometrisches Training eignet sich hingegen auch hervorragend für Sportler mit guten Kraft- und Schnelligkeitsleistungen.2

Was ist plyometrisches Training
Charakteristisch für plyometrische Übungen ist der Dehnungsverkürzungszyklus, welchen man ausnutzt, um höhere Kräfte zu mobilisieren und sportliche Bewegungen (Sprünge, Läufe, Würfe & Schläge mit Ausholbewegungen) im Krafttraining abzubilden.

Dehnungsverkürzungszyklus = Die Energie der exzentrischen Phase wird in der Muskulatur und den Sehnen gespeichert und in der unmittelbar folgenden konzentrischen Phase wieder genutzt, wodurch höhere Kräfte mobilisiert werden können.

Das Komplextraining vereint das klassische Krafttraining mit dem plyometrischen Training. Hierbei führt man zuerst eine Übung des klassischen Krafttrainings durch und im Anschluss eine plyometrische Übung. Für die erste Übung nutzt man schwere Gewichte, um eine Voraktivierung zu erzielen und somit in der anschließenden plyometrischen Übung bessere Leistungen hervorzubringen, was wiederum zu besseren Trainingsanpassungen führt und letztendlich die sportliche Leistungsfähigkeit weiter steigert.3

Beim Komplextraining macht man sich den PAP-Effekt (Post-Aktivierungs-Potenzierung) zunutze. D.h. durch die schwere erste Übung wird eine neuromuskuläre Voraktivierung erzielt, wodurch im Folgenden nach einer 2-8 minütigen Pause die muskuläre Leistung gesteigert ist.

Die Kombination von einer Übung des klassischen Krafttrainings und einer Übung des plyometrischen Trainings nennt man Komplexpaar. Komplexpaare, die auf den Unterkörper abzielen, setzen sich meistens aus einer schweren Kniebeuge und verschiedensten Sprüngen zusammen.

Komplexpaare für den Oberkörper beinhalten meistens schwere Druckübung (z.B. Bankdrücken) und verschieden Variationen von Medizinballwürfen.

Das Komplextraining ist eine anspruchsvolle Trainingsmethode, weshalb auf jeden Fall gewährleistet sein muss, dass du oder der jeweilige Sportler Erfahrung im Krafttraining hat und entsprechende körperliche Voraussetzungen gegeben sind.

Ist Komplextraining besser als andere Trainingsmethoden?

Mit dem Komplextraining lassen sich nachweislich die Power, Kraft- und Schnelligkeitsleistungen verbessern.4 Die Frage, die immer wieder im Zusammenhang mit dem Komplextraining aufkommt ist, ob das Komplextraining bessere Ergebnisse produziert als Maximalkrafttraining, ballistisches Training oder plyometrisches Training.

Mehrere Studien haben das untersucht. Die Metaanalyse einer österreichischen Forschergruppe von 2019 zeigt unter Berücksichtigung von 33 Studien, dass das Komplextraining etwas besser zu sein scheint als alternative Trainingsmethoden. Die Analyse ergibt, dass sich die 1RM in der Kniebeuge und die 20m Sprintzeit mit dem Komplextraining geringfügig aber signifikant besser verbessern lässt als mit alternativen Trainingsmethoden. 5

Eine weitere Metaanalyse von 2017 stellt auch klar heraus, dass das Komplextraining die Sprint- und Sprungleistung verbessert, das Komplextraining aber nicht zu besseren Ergebnissen führt als reines Maximalkrafttraining oder plyometrisches Training.6 Zu demselben Ergebnis kommt die Übersichtsarbeit zu Komplextraining einer deutschen Foschergruppe. 7

Isometrisches Bankdrücken
Die Übung zur Voraktivierung kann sowohl mit freien Gewichten, als auch mit Kraftmaschinen durchgeführt werden.

Zusammenfassend lässt sich anhand des aktuellen Forschungsstands sagen, dass Komplextraining eine sehr gute Trainingsmethode ist, um die Power, Kraft- und Schnelligkeitsleistung zu verbessern. Das Komplextraining ist mindestens genauso effektiv und in manchen Fällen sogar effektiver als andere Trainingsmethoden für die Schnellkraft und Maximalkraft.

Das Komplextraining ist eine Trainingsmethode, von der du vor allem dann enorm profitieren kannst, wenn du es noch nie oder schon lange nicht mehr durchgeführt hast. Zum einen bringt es Abwechslung in deinen Trainingsalltag, wodurch du ggf. motivierter zum Training gehst und somit auch bessere Leistungen erzielst, was sich natürlich positiv auf deine Trainingsanpassungen auswirkt.

Zum anderen ist das ein neuer Trainingsreiz, wodurch du deinen Körper „schockst“ und somit stärkere Anpassungsreaktionen in Gang gesetzt werden, was dann auch wieder zu besseren körperlichen Anpassungen führt.

Komplextraining in der Praxis

Jedem Krafttraining liegen Überlegungen und Erkenntnisse zugrunde, die berücksichtigt werden müssen, um die gewünschten Ergebnisse zu erreichen und das Training zu optimieren. Im Folgenden werden wir uns anschauen wie man ein Komplextraining in der Praxis gestaltet.

Trainingseinheiten pro Woche

Das Komplextraining führt man optimalerweise 2-3 mal pro Woche für 6 Wochen durch. 8

Übungsanzahl & Satzanzahl

Das Komplextraining besteht in der Regel aus 2-4 Komplexpaaren. Ein Komplexpaar setzt sich immer aus einer klassischen Krafttrainingsübung und einer plyometrischen Übung zusammen. Jedes Komplexpaar führt man 1-3 mal durch (= 1-3 Sätze), wobei erfahren Sportler von mehreren Sätzen (= 3 Sätze) profitieren.9

Gewicht

Die Intensität bei der ersten Übung sollte zwischen 60-90% des 1RM liegen. Sportler mit niedrigen Kraftwerten erzielen eine bessere Voraktivierung mit Lasten <85% des 1RM, wobei Sportler mit hohen Kraftwerten eine größere Voraktivierung mit Lasten >85% des 1RM erreichen.10 Die anschließende plyometrische Übung sollte aber unabhängig vom Trainingsstatus mit maximaler Anstrengung/Leistung durchgeführt werden.

Pause

Innerhalb eines Komplexpaars sollte eine Pause durchgeführt werden, die je nach Intensität der ersten Übung laut Forschung 4-8 Minuten lang sein soll, um die maximale neuromuskuläre Voraktivierung für die folgende plyometrische Übung zu erzielen.11 In der Praxis werden jedoch in der Regel Pausen von 30 Sekunden bis 4 Minuten genutzt, da ansonsten die Trainingseinheiten zu lange werden würden.

Nach jedem Komplexpaar sollte dann noch einmal eine Pause von 3-4 Minuten eingelegt werden. In der Praxis würde das dann folgendermaßen aussehen:

Komplexpaar
Die höchste Voraktivierung erzielt man mit einer Pausenzeit von 4-8 Minuten zwischen den einzelnen Übungen eines Komplexpaares. In der Praxis wird das aber nicht umgesetzt, da das Training dann zu lange dauern würde.

Wiederholungsanzahl

Die erste Übung zur Voraktivierung sollte mit einer Wiederholungsanzahl von 1-5 Wiederholungen durchgeführt werden. Dabei spielt das zu bewegende Gewicht natürlich eine Rolle. Ist die Intensität >85% des 1RM liegt die Wiederholungsanzahl bei 1-3 und bei einer Intensität von <85% des 1 RM bei 3-5 Wiederholungen. Die plyometrsiche Übung sollte mit 6-8 Wiederholungen durchgeführt werden. 12

Übungswahl

Damit die Voraktivierung durch die erste Übung auch im vollen Ausmaß genutzt werden kann, sollte sowohl die klassische Krafttrainingsübung und die plyometrische Übung gleiche biomechanische Merkmale aufweisen. Das bedeutet, dass Gelenkwinkel, Bewegungsebene und Krafteinleitungsrichtung der beiden Übungen berücksichtigt werden müssen. Die Bewegungen sollten sich ähneln!

Beispiel sind:

  • Kniebeuge -> vertikale Sprünge
  • Bankdrücken -> Medizinballstöße

Fazit

Komplextraining ist eine effektive Trainingsmethode zur Verbesserung der Power, Kraft- und Schnelligkeitsleistung. Dafür kombiniert man eine schwere klassische Kraftübung (z.B. Kniebeuge) mit einer plyometrischen Übung, welche ein Komplexpaar ergeben.

Die schwere Übung am Anfang sorgt für eine Voraktivierung, wodurch bei der anschließenden plyometrischen Übung eine höhere Leistung erbracht werden kann, was sich positiv auf die Trainingsanpassungen auswirkt.

Das Komplextraining ist eine fortgeschrittene Trainingsmethode und sollte nur bei ausreichender Krafttrainingserfahrung und einem guten körperlichen Niveau durchgeführt werden. Sollte das nicht gegeben sein, kann man mit Maximalkrafttraining und anderen Schnellkrafttrainingsmethoden seine Leistung auch maßgeblich verbessern und sich auf das Komplextraining vorbereiten.

Einzelnachweis

  1. McGuigan, M. R., Wright, G. A., & Fleck, S. J. (2012). Strength Training for Athletes: Does It Really Help Sports Performance? International Journal of Sports Physiology and Performance, 7(1), 2–5. doi:10.1123/ijspp.7.1.2
  2. Booth, M. A., & Orr, R. (2016). Effects of Plyometric Training on Sports Performance. Strength and Conditioning Journal, 38(1), 30–37. doi:10.1519/ssc.0000000000000183
  3. Lesinski, M., Muehlbauer, T., Büsch, D., & Granacher, U. (2014). Effekte von Komplextraining auf Kraft- und Schnelligkeitsleistungen bei Sportlern: Ein systematischer Überblick. Sportverletzung · Sportschaden, 28(02), 85–107. doi:10.1055/s-0034-1366145
  4. Cormier, Patrick1; Freitas, Tomás T.1; Rubio-Arias, Jacobo Á.2; Alcaraz, Pedro E.1,2 Complex and Contrast Training: Does Strength and Power Training Sequence Affect Performance-Based Adaptations in Team Sports? A Systematic Review and Meta-analysis, Journal of Strength and Conditioning Research: May 2020 – Volume 34 – Issue 5 – p 1461-1479 doi: 10.1519/JSC.0000000000003493
  5. Bauer, P., Uebellacker, F., Mitter, B., Aigner, A. J., Hasenoehrl, T., Ristl, R., Tschan, H., & Seitz, L. B. (2019). Combining higher-load and lower-load resistance training exercises: A systematic review and meta-analysis of findings from complex training studies. Journal of science and medicine in sport22(7), 838–851. https://doi.org/10.1016/j.jsams.2019.01.006
  6. Freitas, T. T., Martinez-Rodriguez, A., Calleja-González, J., & Alcaraz, P. E. (2017). Short-term adaptations following Complex Training in team-sports: A meta-analysis. PloS one, 12(6), e0180223. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0180223
  7. Lesinski, M., Muehlbauer, T., Büsch, D., & Granacher, U. (2014). Effekte von Komplextraining auf Kraft- und Schnelligkeitsleistungen bei Sportlern: Ein systematischer Überblick. Sportverletzung · Sportschaden, 28(02), 85–107. doi:10.1055/s-0034-1366145
  8. Freitas, T. T., Martinez-Rodriguez, A., Calleja-González, J., & Alcaraz, P. E. (2017). Short-term adaptations following Complex Training in team-sports: A meta-analysis. PloS one12(6), e0180223. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0180223
  9. Garbisu-Hualde, A., & Santos-Concejero, J. (2021). Post-Activation Potentiation in Strength Training: A Systematic Review of the Scientific Literature. Journal of human kinetics78, 141–150. https://doi.org/10.2478/hukin-2021-0034
  10. Seitz, L. B., & Haff, G. G. (2016). Factors Modulating Post-Activation Potentiation of Jump, Sprint, Throw, and Upper-Body Ballistic Performances: A Systematic Review with Meta-Analysis. Sports medicine (Auckland, N.Z.)46(2), 231–240. https://doi.org/10.1007/s40279-015-0415-7
  11. Seitz, L. B., & Haff, G. G. (2016). Factors Modulating Post-Activation Potentiation of Jump, Sprint, Throw, and Upper-Body Ballistic Performances: A Systematic Review with Meta-Analysis. Sports medicine (Auckland, N.Z.)46(2), 231–240. https://doi.org/10.1007/s40279-015-0415-7
  12. Docherty, David MS, PhD; Robbins, Dan MS, CSCS; Hodgson, Matt CSCS Complex Training Revisited, Strength and Conditioning Journal: December 2004 – Volume 26 – Issue 6 – p 52-57